Samstag, 10. September 2016

Lech






Im wunderschönen  Naturpark Lechtal ist der Lech für gemässigte Paddler von Hägerau bis Höfen gut befahrbar. Der naturbelassene Alpenfluss fliesst zwischen 2800 m hohen Bergen munter zu Tal, sodass der Einatz der Schwimmweste rasch erforderlich wird, will man die welligen Spritzpassagen ohne Angst passieren.
Paddeln ist wie Skifahren: Bei den Seitenwechseln entweder von hinten ausholen oder nah an den seichten Stellen andriften, dann voll auf die Kanten stehen, d.h. Steuerruder voll einschlagen und mit 100%-iger Konsequenz Gas geben, um die Kurve zu kriegen. Dann wieder einfach laufen lassen und das Boot der Herrschaft des Wassers überlassen. Jede Situation erfordert die entsprechende Technik. Mein Trainer: der Lech.





Mit zunehmender Routine kann sich auch mal eine Nachlässigkeit einschleichen. Die Natur korrigiert aber rasch. Weil ich meine Seesäcke falsch herum schloss, drang bei den vielen Wellenspritzern und sich damit erhöhendem Wasserpegel im Boot Wasser ein. Glück im Unglück: Die wichtigsten Schlafutensilien blieben trocken, der Rest war durchgeweicht. So hiess es am nächsten Tag die Kleider zum Trocknen auslegen und das nur noch halbwegs geniessbare Brot zu entsorgen.





Ab Stanzach weitet sich das Tal und der Lech mäandert oft mehrfach geteilt entlang von Kiesbänken und meterhohen bröckelnden Sand- und Steinwänden. Das hört sich gemütlich an und ist es gewöhnlich auch. Gemächlich treibt das Boot von einer Seite zur anderen und fügt sich elegant in die Strömung ein. Doch plötzlich beisst die Wildsau zu. 
Ohne Böses zu ahnen wandte ich, bereits nahe am Zielort, meine für giftige Kurven erfundene Andrifttechnik an, was mich an der ersten Wildsau vorbei brachte. Auch die zweite wäre ohne Probleme zu packen gewesen, hätte nicht ein dicker Ast über Wasser den Weg versperrt. So schob sich die Almàguila mit Schub von schräg hinten darüber, die Luftschläuche kamen über den Wasserspiegel und das Boot kenterte. Eine unvorhersehbare Ausnahmesituation. Dabei hätte ich zuvor auswassern und das Kajak wie ein Hündchen an der Stelle vorbeiführen können.
Unter Wasser gekippt glaubte ich, das Boot verloren zu haben, denn ein mit Wasser gefülltes Kajak kann man so vergessen. Doch beim Auftauchen trieb es mit der Unterseite nach oben vor mir her, mitsamt dem durch das Luftpolster nach oben gedrückten Gepäck. Nach gut 100 Metern konnte ich das Boot am Ufer bergen und wieder fahrtauglich machen. Einziger Verlust: Sonnenbrille und Hütchen.