Sonntag, 30. Juli 2023

Gardasee

Der Gardasee ist nicht das ideale Refugium für Anfänger unter den Faltbootreisenden. Er erfordert nicht nur gutes und dem Unternehmungslustigen vertrautes Material, sondern auch eine sehr gute logistische Organisation und Navigationsgeschick, um rasch wechselnden Witterungsbedingungen und dem vielseitigen Wassersport auf dem See passend begegnen zu können. Mit Vorteil befährt man den Lago di Garda von Norden nach Süden, da am Vormittag meist ein recht starker Wind aus nördlicher Richtung weht. Mein Startpunkt war Riva del Garda, wo ich vom Segelhafen aus dem westlichen Seeufer entlang paddelte. Bis Limone ist dies die ruhigere und lauschigere Seite des Sees, da die Strasse oft in Tunnels versteckt ist und entlang der steilen Felsen immer wieder kleine Badeplätzchen angefahren werden können. Sollte eine Querung des Sees aufgrund des ruhigen Wetters und entsprechender Ausrüstung überhaupt infrage kommen, empfiehlt es sich, dies am frühen Vormittag zu tun, bevor der See mit Wassersportlern überfüllt ist, die Fähren unterwegs sind oder der Wind kehrt.
Überhaupt sind die Winde an diesem See generell ziemlich stark und vor allem beinahe dauernd präsent, ausser in abgewandten Buchten. Genau bei solchen Bedingungen entfaltet das Greenland II seine Vorteile: Die Hülle und das Gestänge sind sehr robust und dank der seitlichen Luftschläuche muss man auch stärkeren Wellengang nicht fürchten. Voraussetzung ist immer, dass man die Lage im Überblick behält und sich entsprechend Wetter und Bedingungen auf dem See logisch verhält.
Ich traf während meiner einwöchigen Tour von Riva del Garda nach Desenzano auf recht unterschiedliches und teils rasch wechselndes Wetter. Man ist gut beraten, dass man sich entsprechend organisert. Da ich vorhatte, draussen ohne Zelt zu übernachten, hatte ich eine Regenhülle für den Schlafsack mitgenommen und meinen Schlafplatz wenn möglich in der Nähe eines schützenden Daches oder dergleichen ausgesucht. Nach anfänglich ruhigen Bedingungen bis einen Tag über die Seequerung Limone-Malcesine hinaus, wechselte das Wetter im Verlaufe des dritten Tages auf schwülwarm-gewittrig. Trotz ufernaher Fahrweise und fortlaufender Wetterbeobachtung war ich dann doch überrascht, wie schnell ein Wetterumschwung vonstatten gehen kann. Gerade noch rechtzeit vor dem grossen Guss fand ich ein Badesträndchen, wo ich das Material sicher deponierte und eilte dann entlang der Strasse zum nächsten Haus, um dort im Geräteunterstand ausharrend trocken zu bleiben. Wie neu geschaffen wirkte auf mich danach der Eindruck des Seeufers und seine Umgebung.
Norditalien gehört noch zur gemässigten Klimazone, doch was ich dann am Abend vor Garda erlebte, war beinahe schon tropisch. Der Himmel hatte sich eingetrübt und nach dem Gewitter vom Nachmittag vermutlich nicht mehr allzu aufgeladen. In einem ausgedehnten Wolkenteppich begannen im Dunkeln die Blitze zu zucken, immer häufiger und dann ununterbrochen, dazu ein dauerndes dumpfes Donnergrollen. Dieses Spektakel dauerte mindestens eine Stunde lang, es schien erst, als ob sich diese Wetterzone gar nicht bewegte. Nach dem Vorbeiziehen begann es zu tropfen. Ich war vorbereitet und hatte mich zuvor schon dicht an der Mauer eines Schlossgrundstücks an einem baumlosen Strandabschnitt für die Nacht eingerichtet. Was dann folgte, könnte sich problemlos sintflutartig nennen. Die Regenhülle über meinen Schlafsack gezogen, harrte ich dem ewig scheinenden Geprassel und versuchte zu schlafen. Mein Glück: Die Regenhülle hielt den Wassermassen stand und durfte sich am frühen Morgen gleich nochmals beweisen. Vom Gefühl her beinahe wie ein Schiffbrüchiger, erreichte ich Garda, wo ich das Faltboot rasch auseinanderbaute und in den Gepäckstücken verstaute. Unter dem schützenden Gewölbe eines hafennahen Restaurants wärmte ich mich mit einem heissen Getränk und organisierte mir dann ein Hotelzimmer, um mich erst einmal tüchtig in die Federn zu hauen.
Einen Tag später war ich dann wieder so erholt, dass ich motiviert war, das ganze Gepäck auf die Fähre zu laden, nach der Ankunft in Sirmione durch die engen touristenreichen Gässchen (Taxi keine Chance!) zu tragen und mein Faltboot an einem Strändchen wiederaufzubauen. Es hatte sich absolut gelohnt: Die Fahrt in den Burggraben und dann die seichten, schilfumwachsenen Steinplattenstrände auf der Nordseite von Sirmiones Halbinsel sind ein Erlebnis für sich.

Freitag, 14. Mai 2021

Ticino

Der Ticino im Bereich des Parco Naturale Valle Ticino fliesst in seinem natürlichen Bett munter südwärts und mündet nach Pavia in den Po. Er ermöglicht einen für die meisten Menschen unbekannten Einblick in die natürliche Flusslandschaft mit grandiosen Aussichten vom Wasser aus.






Langsame Abschnitte zwischen einigen Flusssperren, gepaart mit Flachstellen und verschiedenartigen Stromschnellen in einem manchmal mehrteilig mäandernden Flusslauf, erfordern vom geübten Fluss-Paddler alles, was es es beim Paddeln braucht: eine gute Vorausplanung, logistisches Organisationsgeschick, vorausschauendes, teils intuitives Fahren beim Wechseln der Flussseite über weniger tiefe Stellen hinweg, Improvisationsgeschick und vor allem - Zeit.





Auch so bleibt der Ticino für seinen Neuling herausfordernd. Ein eintägiger Regenschauer lässt den Fluss innerhalb weniger Stunden bis zu einem halben Meter an- und wieder abschwellen, was zwar einiges an Navigation einfacher machen kann, anderes jedoch durch das erhöhte Fliesstempo schwieriger. Auf Kiesbänken liegende Baumstämme sind nun zum Teil überspült und ragen aus dem Wasser. Ebenso ragen immer wieder umgestürzte Bäume oder Äste vom Ufer her in die Flussrinne - ungepflegter Urwald eben. Doch der Fluss und mit ihm der Paddler haben bei diesem Wasserstand genügend Platz - das Werk der Natur. So weit so gut.



Unerwartet schwierig können neben der Schupfwuhr, auch 'Wildsau' genannt, generell Stellen sein, wo der Mensch eingegriffen hat: Sperren, Walzen und Brücken (nicht nur bei erhöhtem Wasserpegel). Man sollte sich auf solche hin auch bei guter Vorausplanung immer am Rand des Flusses bewegen, um aussteigen und die Stelle vor Ort rekognoszieren zu können. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer gleich einfach. 

Man lässt sich von der Erfahrung schnell verleiten - doch die konkrete Situation ist jedesmal anders: Fliesstempo, eine unerwartete Krümmung des Uferverlaufs, ins Wasser ragende Äste oder vor Brückenköpfen sich stauendes Holz, plötzlich steile Seitendämme - die Kombination solcher Faktoren können das Unterfangen Auswassern zur Glückssache machen. Das kann tödlich enden.

Der Ticino ist ein strenger Meister. Er hat mich gelehrt, künftig auf derartige Flussfahrten zu verzichten und mich an langsam fliessende, gut dokumentierte Reiseflüsse zu halten.                                                               










Montag, 22. April 2019

Lago di Mezzola / Comersee

Ein kleiner Geheimtipp für Paddler ist der nördlich des Comersees liegende Lago di Mezzola. Jungfräulich anmutend und verkehrsarm ruhig liegt dieser See, umrahmt von imposanten Bergen und einem kleinen Seevögel-Paradies im Süden. 
Verceia ist der Ausgangspunkt und mit Zug und Bus gut erreichbar. Zum Übernachten mit dem Schlafsack empfiehlt sich eines der zahlreichen begrasten festen 'Bödeli' inmitten der Ruhezone für die Tiere - selber möglichst keinen Lärm verursachend (natürlich nur im Notfall, nicht viel weiter, nach Sorico, befindet sich ein Campingplatz).







Es empfiehlt sich, die Reise den Comersee hinunter nach Como auf der jeweils verkehrsärmeren Seeseite zu absolvieren. Bis zur Gabelung zeigen sich einem so schmucke Dörfer und wunderschöne Ausblicke auf die Alpen. Das Wasser ist bei milden Aussentemperaturen bereits zur Osterzeit genügend warm für ein kurzes Bad an einem der versteckten Strändchen.













Nach der Gabelung bei Varenna empfiehlt sich die Weiterfahrt entlang der in den See hineinragenden Landzunge und das Hinüberwechseln auf der Höhe der Insel vor Lenno. Vorausschauendes Paddeln ist nun gefragt, denn zahlreiche Fähren queren hier den See.
Von Colonno bis Carate befinden sich die Dörfchen zumeist noch in ihrem ursprünglichen Charakter, eng gebaut entlang der nun steil abfallenden bewaldeten Hügelzüge. Unerwartet dann wird der See enger, die Uferzonen flacher, und plötzlich zeigt sich vor einem der Dom von Como.






Freitag, 13. Juli 2018

Aare

Die Aare ist bis Bern ein zügiger, nach den drei Seen ein eher träge und in Schlaufen in Richtung Rhein wandernder Fluss. Landschaftlich und kulturell besonders erlebenswert sind die vielen vogelreichen, zum Teil urwaldähnlichen Naturschutzgebiete und die verschlafenen Landgast- und Bauernhöfe in der Region der Alten Aare, sowie die Orte Büren und Solothurn. 



























Les Trois Lacs

Ein kleiner Geheimtipp für eine mehrtätige Ferienfahrt sind die Troi Lacs (Murten-, Neuenburger- und Bielersee) an der Sprachgrenze von der französisch- zur deutschsprachigen Schweiz. Miteinander durch Kanäle verbunden, bieten sie einige sehenswerte Überraschungen und kulinarische Gaumenfreuden. Mittelalterlich anmutende Orte wie Murten, Avenches, Neuchâtel und Erlach wechseln sich ab mit ausgedehnten Schilfgebieten, beschaulichen Badeplätzchen auf der Petersinsel und dem längsten Sandstrand der Schweiz, la plage de Salavaux.
Verkehrstechnisch macht man es sich einfacher, wenn man Überquerungen der Seen vormittags tätigt. Die nachmittäglichen Nordostwinde und der Freizeitverkehr nach dem Mittagessen würden die Reise unnötig erschweren.